Anna-Katharina Rintelen
Anna-Katharina Rintelen
Martin Ganzkow zu den Bildern
von Anna-Katharina Rintelen

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Honignougatbrot

Im Glashaus hängen zehn große Quadrate aus Holz und Leinwand mit nichts darauf als Farbe. Die Malerin Anna-Katharina Rintelen zeigt in ihrer Ausstellung „Honignougatbrot“ keine Gegenstände zum Wiedererkennen. Doch wer denkt, sie malt abstrakt, der irrt. Es geht auf ihren Bildern nicht um das Spiel von Flächen, Formen und Farben, das sich selbst genügt. Anna-Katharina Rintelen malt nach der Natur, und ihre Bilder erinnern an die Seerosen von Monet oder an die Landschaften von William Turner. Die Basler Künstlerin aus Freiburg lässt den Betrachter also im Ungewissen. Sie liebt nicht das konkrete scharfe Abbild, sondern die Unschärfe, die Bewegung, die Musik, die Vermischung, die Überlagerung und das Dazwischen. Ihre Bilder sind mit viel weißer Fläche gemalt, auf der sich die Farben tummeln und in einem atemlosen Rhythmus miteinander spielen. Es ist so, als würde man in einem Weizenfeld mit blauen Kornblumen und rotem Mohn liegen. Die Sonne scheint genau in das Gesicht, man blinzelt, und es weht ein kräftiger Wind. Dann befindet man sich mitten in einem Bild von Anna-Katharina Rintelen, in einem Gewirr von lebendigen Formen und Farben, welche die Sinne betören. Je weniger man weiß, wo man ist und was man sieht, desto eindringlicher wirken die Farben, die Töne und die Gerüche.

Und von dieser Qualität sind alle Bilder Anna-Katharina Rintelens. Da rauscht ein blauer Schwall wie Wasser durch das Bild, da knistert das bunte Laub vor einer goldgelben Sonne, da fegt ein Blätterwald aus farbigen Blüten durch den Himmel, da spiegelt sich leuchtendes Gras im Gegenlicht des hellen Wassers, da löst sich ein Feld vor der untergehenden Sonne auf. Wer will, sieht von alledem auch nichts, sondern fühlt die Frische, freut sich an der leichten Bewegung, genießt die Wildheit, bewundert die Farbenpracht und lässt sich seine Sinne angenehm verwirren.

Neben diesen großen Gemälden zeigt die Künstlerin auch Tusche-Zeichnungen auf Papier. Hier steht die Bewegung des Pinsels im Vordergrund, der, ohne konkret zu werden, die Wildheit von Gewächsen oder die Struktur von Insektenschwärmen wiedergibt. Diese Zeichnungen sind wie eine Partitur, eine musikalische Komposition, eine geschriebene Anleitung zum vertieften Sehen und Hören. Das Stück, das hier gespielt wird, ist wiederum der unendliche Formenreichtum der Natur. L’art pour l’art, die Kunst um der Kunst willen, ist Anna-Katharina Rintelen fremd.

Sie fügt den Betrachter in einen lebendigen Kosmos ein, der außerhalb des Betrachters existiert. Der Kontakt mit dieser Welt ist fröhlich und zielt direkt auf die Sinne. „Hör auf zu denken!“, das sagen alle Bilder und ermuntern, sich einfach nur der Schönheit dieser Welt hinzugeben.

(Martin Ganzkow, zur Ausstellung "Honignougatbrot" im Glashaus Derneburg 2012)
Anna-Katharina Rintelen
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